Kultur wirkt.

 

Hans Knopper M.A.

Der Dreißigjährige Krieg

1618 erhoben sich in Böhmen die protestantischen Adligen gegen den katholischen Kaiser Rudolf II. Dieser zunächst lokal begrenzte und aus religiösen Gründen geführte Machtkampf ließ plötzlich die in Europa vorhandenen Konflikte aufflammen: die Rivalität zwischen Frankreich und dem habsburgischen Kaiser, der Befreiungskampf der Niederländer gegen die Spanier, die Ausdehnungspolitik Schwedens, der unversöhnliche Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten.

Alle europäischen Staaten mit Ausnahme Rußlands nahmen direkt oder indirekt an diesen Auseinandersetzungen teil. Dreißig Jahre lang wurden sie vorwiegend auf deutschsprachigem Gebiet ausgetragen. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Folgen dieses Krieges waren verheerend. Ganze Landschaften wurden verwüstet. Bis zu 70% der Bewohner starben. Zu den Zerstörungen kamen die indirekten Kriegsfolgen hinzu: Plünderungen umherziehender Soldaten, steuerliche Ausbeutung zur Kriegsfinanzierung, Hungersnöte und der erneute Ausbruch der Pest. 1648 beendete der Westfälische Friede diesen ersten gesamteuropäischen Krieg. Es sollte hundert Jahre dauern, bis seine letzten Folgen beseitigt waren.

Wenn auch Feuerwaffen wie Kanonen und Pistolen an Bedeutung gewannen, so wurde doch ein großer Teil der Kämpfe nach wie vor mit der Blankwaffe bestritten. Der Reiterdegen mit langer Klinge und ausgeprägtem Spangen- oder Korbgefäß war der wichtigste Waffentyp.

Der große Bedarf an Blankwaffen bei allen am Krieg beteiligten Nationen führte die Solinger Klingenproduktion erstmals zu einem Höhepunkt. Er zeigte sich vor allem in der außerordentlichen Vielfalt und Qualität der Klingen.

Degen des frühen 17. Jahrhunderts
Die Epoche des Dreißigjährigen Krieges war die große Zeit der blanken Waffe. Zwar hatten Musketen und Pistolen schon Eingang in die Heere gefunden, doch war der Degen im Gefecht den umständlich nachzuladenden Handfeuerwaffen noch überlegen.

Die Form der Degen gewann dem Stil der Zeit entsprechend barocke Fülle und Kraft. Das System der Bügel und Spangen, im 16. Jahrhundert verhältnismäßig schlank und linear, wurde im 17. Jahrhundert dichter.

Eine Gruppe früher Degen des 17. Jahrhunderts belegt anschaulich die zahlreichen Variationsmöglichkeiten, die die Schmiede bei gleichbleibendem Gefäßtyp entwickelten.

Feldwaffen
Der weitaus größte Teil der in Solingen produzierten Klingen des 17. Jahrhunderts war nicht für Prunkwaffen, sondern für Feldwaffen bestimmt. Aus den Niederlanden, aus England, Schweden, Österreich, Spanien, Italien und natürlich Deutschland kamen Bestellungen der verschiedenen Heere, und bündelweise lieferte Solingen die gewünschten Klingen. In den Bestimmungsländern wurden die Klingen dann mit den jeweiligen Gefäßen versehen, die sich in ganz Europa glichen.

Felddegen haben meist eine flache Klinge ohne oder mit nur seichter Hohlbahn. Die aus Spangen und Bügeln gebildeten Korbgefäße waren aus Rund- oder Flacheisen geschmiedet, aus glattem oder durchbrochenem Eisenblech gearbeitet und wiesen keine aufwendigen Verzierungen auf.

Degengefäße in Eisenschnitt
Mit der zunehmenden Bedeutung Spaniens wurde auch die spanische Mode zwischen 1550 und 1600 in Europa zum Vorbild. Bis weit in das 17. Jahrhundert war das asketische Schwarz die Grundfarbe des höfischen Kostüms.

Der feierlich dunklen Kleidung versuchte man auch in der Waffe gerecht zu werden und verzichtete zunehmend auf die Verwendung kostbarer Materialien. Da aber einfache Eisengefäße dem Repräsentationsbedürfnis nicht genügen konnten, setzte nun der Eisenschnitt ein, welcher das unedle Material durch die Bearbeitung zu Kunstwerken veredelte, die teilweise mehr geschätzt wurden als Goldschmiedearbeiten. Die Technik des Schneidens in Eisen ist die vornehmste von allen Eisenverzierungstechniken. Nur einige wenige Kunsthandwerker der Zeit um 1600 bis 1680 beherrschten sie. Es waren hockbezahlte und hockgeehrte Künstler, die an den fürstlichen Höfen jener Zeit ‑ in Sachsen und in Brandenburg, in Wien und in London, in Italien und in den Niederlanden ‑ wirkten.

Nur vermögende Herren konnten sich Degen mit solchem kunst‑ und mühevollen Schmuck leisten, denn dieOrnamente, Figuren und - als Extremfall - kleine Blütenstengel des Gefäßschmucks mußten mit feinen Meißeln, Sticheln und Gravierstählen in mühsamer Arbeit aus dem vollen Material herausgeschnitten werden. 

Degengefäße mit Silberauflagen
Für die kleinen und schmalen Metallstege eines Gefäßes eignete sich vorzüglich die Inkrustation als Verzierungstechnik. Bei dieser Technik wurden die Motive in körperhaftem Relief aufgelegt, d.h. hauchdünne Gold‑ oder Silberfolien wurden auf einen aufgerauhten Grund gehämmert und nachziseliert. Die Messingauflage des im Museum gezeigten einzigen bekannten Dolches aus Solinger Produktion ist allerdings aufgeschraubt.

Promenierdegen
Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, d. h. zugleich mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, war die* bis dahin selbstverständliche kraftvolle Größe der Blankwaffe verpönt. Gefäße und Klingen wurden leichter, zierlicher und eleganter. Der Eisenschnitt wurde weiterhin gepflegt, doch traten figürliche Motive hinter reinem Ornament zurück.

Richtschwerter
In den vorangegangenen Zeiten war es üblich gewesen, zum Tode Verurteilte mit dem Galgen, dem Rad oder dem Beil hinzurichten. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts lautete der Schuldspruch immer öfter Tod durch das Schwert.

Richtschwerter hatten sehr breite, zweischneidige, flachgeschliffene Klingen, die mit einer Hohlkehle versehen waren und meist gerade endeten. Die Parierstangen verliefen gerade. Wichtig für einen treffsicheren Schlag war das hohe Gewicht von ca. 2,5 kg und der weit vorne liegende Schwerpunkt der Waffen.

Nach allgemeinen Vorstellungen haftete ei

Nach der Überlieferung sollte ein Richtschwert, wenn es 100mal benutzt worden war, eingegraben werden, da es sonst zu „blutdürstig" werden würde. Mit einem der im Museum gezeigten Richtschwerter wurden 306 Menschen enthauptet oder niedergelegt", wie eine Inschrift es nennt.

Hans Knopper 1991

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